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„Ecken bewusst durchreiten“ – die Entwicklung einer balancierten Haltung

  • Autorenbild: TGT® Redaktion
    TGT® Redaktion
  • 29. Sept.
  • 6 Min. Lesezeit


🍀 Uelzener-Tipp von Peter Kreinberg


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Die Ausbildung von Pferd und Mensch ist ein Zusammenspiel von Balance, Rhythmus und Gefühl. Für Reiterinnen oder Reiter ist es wichtig, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wo und wie das Pferd seine Beine unter seinem Körper setzt und welche Wirkung das auf seine Balance hat. Aus diesem Grund ist es hilfreich, das reiterliche Gefühl für die Beinbewegungen in passenden Momenten zu verbessern.



Das eigene reiterliche Gefühl für die Beinbewegungen schulen


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Je nach Gangart, Körperbau und Bewegungsablauf kann ein Pferd sein Gewicht unterschiedlich auf seine Beine verteilen:


  • auf die Diagonale vorne links / hinten rechts oder vorne rechts / hinten links,

  • vermehrt auf die beiden Vorderbeine,

  • oder stärker auf der Hinterhand, also auf beide Hinterbeine,

    auch seitliche Verschiebungen – etwa von rechts nach links – und rückwärts gehören dazu.


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Um diese Bewegungen im Sattel zu erfühlen und dein Pferd zu fördern und harmonischer zu reiten, dazu kann dir die Vorstellung von vier Bewegungsbildern bzw. -profilen helfen.


  1. Erstes Bewegungsprofil: Das Pferd hat vier einzelne Beine, vorn rechts, vorn links, hinten rechts, hinten links

  2. Zweites Bewegungsprofil: Das Pferd hat zwei Vorderbeine und zwei Hinterbeine (Vorhand/Hinterhand)

  3. Drittes Bewegungsprofil: Das Pferd hat zwei rechte und zwei linke Beinpaare

  4. Viertes Bewegungsprofil: Linke Diagonale – vorn links und hinten rechts sowie rechte Diagonale – vorn rechts und hinten links


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Lektionen als Trainingselement


Eine gute Ausbildung erfolgt planvoll, geregelt und immer in einem kleinschrittigen, systematischen Aufbau. Ein regelmäßiges Tempo in den Gangarten und das immer präzisere Reiten (Lenken) auf Bahnfiguren bildet die Grundlage.Wiederholungsübungen erleichtern das Bewegungslernen und schaffen neue, gewünschte Bewegungsmuster (Lektionen).


Lektionen sind dabei nicht Selbstzweck, um sie z. B. auf einem Turnier oder in einer Show zu zeigen, sondern sie sind Mittel zum Zweck. Sie sind Teil eines Trainings, das das Pferd über längere Zeit kräftigt, geschmeidiger macht und ihm ermöglicht, mehr Gewicht vermehrt mit der Hinterhand zu übernehmen.


Ob ein Pferd sich als Reitpferd balanciert und funktional bewegt oder nicht, das kann man vom Boden aus recht gut sehen. Daher ist es wichtig, bereits in der Bodenarbeit oder in der Handarbeit ein Gefühl für Balance zu entwickeln, bevor diese Arbeit im Sattel weitergeführt wird.Eine gute Ausbildung erfolgt planvoll, geregelt und immer in einem kleinschrittigen, systematischen Aufbau. Ein regelmäßiges Tempo in den Gangarten und das immer präzisere Reiten (Lenken) auf Bahnfiguren bildet die Grundlage.Wiederholungsübungen erleichtern das Bewegungslernen und schaffen neue, gewünschte Bewegungsmuster (Lektionen).


Lektionen sind dabei nicht Selbstzweck, um sie z. B. auf einem Turnier oder in einer Show zu zeigen, sondern sie sind Mittel zum Zweck. Sie sind Teil eines Trainings, das das Pferd über längere Zeit kräftigt, geschmeidiger macht und ihm ermöglicht, mehr Gewicht vermehrt mit der Hinterhand zu übernehmen.


Ob ein Pferd sich als Reitpferd balanciert und funktional bewegt oder nicht, das kann man vom Boden aus recht gut sehen. Daher ist es wichtig, bereits in der Bodenarbeit oder in der Handarbeit ein Gefühl für Balance zu entwickeln, bevor diese Arbeit im Sattel weitergeführt wird.


Effektiv: Viertel-Volten in jeder Ecke

Eine häufige Ursache für Balancestörungen bei einem Reitpferd ist die „natürliche Schiefe“. Dabei belastet ein Pferd ein Vorderbein bzw. eine Schulter stärker, zeigt dies häufig auch durch eine leicht schiefe Kruppe und eine einseitige Steifheit.


Das Reiten von Volten, Zirkeln und Schlangenlinien sowie Richtungs-, Tempo- und Gangartwechsel sind das bewährte Mittel, um eine gleichmäßige Muskeltätigkeit zu fördern. Für dich als Reiter:in bedeutet das: Auch mit deinem Sitz und deiner Haltung solltest du dich gefühlvoll anpassen oder eventuell passiv oder aktiv auf die Balance deines Pferdes wirken.


Neben den schon erwähnten Bahnfiguren ist das korrekte Durchreiten der Ecken als Viertelvolten besonders wertvoll. Die Ecken werden durch die ständige Wiederholung bei jeder Runde für das Pferd zu vier besonderen Orten. Es lernt, sich für die Viertelvolte jedes Mal etwas mehr durch Zurücknehmen des Tempos zu versammeln und für einige Schritte in Biegung zu gehen. Vom Reiter erhält es vorbereitende und begleitende „Hilfestellung“ mit den Hilfen.


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8 Praktische Tipps für das Reiten durch die Ecke


🔸 Tipp 1: Verlagerung des Körperschwerpunktes nach hinten/außen.Beginne einige Pferdelängen vor der Ecke, das Tempo des Pferdes (besonders im Trab) etwas zu verlangsamen. Gib dazu mit dem äußeren Zügel halbe Paraden. Verlagere deinen Körperschwerpunkt leicht nach hinten/außen. Durch diese Hilfen entlastest du die innere Schulter deines Pferdes. Du regst es an, mit dem bis dahin schiebenden Hinterbein etwas mehr Last aufzunehmen.


🔸 Tipp 2: Stelle dein Pferd vor der Ecke.Bevor du die Ecke beginnst, stelle dein Pferd leicht mit dem inneren Zügel nach innen. Gemeint ist eine minimale Stellung im Genick (Atlas/Axis), nicht ein Abknicken im Hals. Der innere Zügel liegt dabei auch sanft am Hals an, ohne zu stark einzuwirken. Dadurch begrenzt er auch die Schulter und wirkt einer Überlastung entgegen. Der äußere Zügel regelt den Grad der Stellung.


🔸 Tipp 3: Achte auf deinen Blick.Deine Blickrichtung bestimmt deinen Schwerpunkt. Schaust du nach innen-vorne-unten, verlagert sich auch dein Gewicht dorthin. Das führt zu einer ungleichen Belastung der Vorderbeine, besonders der inneren Schulter des Pferdes. Schaue stattdessen am äußeren Ohr voraus.


🔸 Tipp 4: Achte auf deine Haltung.Besonders wichtig ist es, in den Ecken nicht nach innen zu lehnen – das geschieht häufig unbewusst und gewohnheitsgemäß. Lass dich von jemandem beobachten oder filme dich, um diesen weit verbreiteten Haltungsfehler zu erkennen und zu korrigieren. Schon ein leichtes Lehnen hat gravierende negative Wirkung auf das Balancegefühl deines Pferdes. Übe zur Korrektur in jeder Ecke etwas übertrieben den Drehsitz. Dazu senkst du etwas mehr die äußere Hüfte ab und rotierst mit der äußeren Körperhälfte vorwärts mit der Schulterbewegung deines Pferdes.


🔸 Tipp 5: Halte den Rhythmus. Während du dein Pferd stellst, bleibt dein eigener Körperrhythmus regelmäßig. Verlagere deinen äußeren Schenkel leicht nach hinten, während die innere Wade am Pferd bleibt. So bleiben Schub und Raumgriff erhalten. Wichtig ist ein weiterhin fleißiger Schritt oder Trab, der nicht unterbrochen wird.


🔸 Tipp 6: Achte bewusst auf den äußeren Zügel.Der äußere Zügel übernimmt in der Ecke je nach Ausbildungsstand des Pferdes mehrere Aufgaben:

  • Er gibt nach vorn zum Maul etwas nach, um die Schulter-Hals-Dehnung des Pferdes zu ermöglichen.

  • Er begrenzt die Stellung nach innen und verhindert eine zu starke Halsbiegung.

  • Er reguliert die Ausrichtung des Pferdes, insbesondere die Nase zur Senkrechten.

  • Er wirkt auf das äußere Hinterbein und hilft beim Geraderichten oder Versammeln.


🔸 Tipp 7: Achte auf vermehrten Fleiß nach der Ecke.Durch das bewusste Durchreiten der Ecken entwickelt dein Pferd dort eine balanciertere Haltung. Es beginnt, eine Selbsthaltung für die wenigen Schritte einzunehmen und beizubehalten. Damit es nach der Ecke nicht wieder „auseinanderfällt“, ist es wichtig, es wieder zu schiebender Beintätigkeit mit den Hinterbeinen anzuregen. Am besten ist eine Gerte hier als Impulsgeber geeignet. Klopfende oder drückende Schenkeleinwirkungen stumpfen es nur ab und bewirken das Gegenteil. Im Trab ist diese Aufforderung zu fleißigem Gehen besonders wichtig.


🔸 Tipp 8: Die Nutzung der Bewegungsprofile.Wird die Übungsreihe im Schritt geritten, so ist sie hervorragend geeignet, im Viertakt des Schrittes ein Gefühl für die einzelnen Beine des Pferdes und für die Hangbein- bzw. Stützbeinphasen zu erlernen. In der Ecke selbst kann man den inneren Schenkel mit leichtem Impulsdruck auf das abfußende, äußere Vorderbein abstimmen – dies wirkt dem „Abkürzen“ der Ecke entgegen, fördert die Biegung des Pferdes und führt es tiefer in die Ecke.

 

Im Zweitakt des Trabes ist jeweils eine Beindiagonale am Boden, während die andere in der Luft ist. Hier lässt sich im Aussitzen wie im Leichttraben besonders das Rhythmusgefühl schulen. Beim Verlangsamen vor den Ecken kann man sein Gefühl für die Zügelhilfen (halbe Paraden) in Bezug auf die Hinterbeine gut schulen.


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Sowohl Zügel- wie Schenkelhilfen können immer nur die erwünschte Wirkung zeigen, wenn sie auf ein Bein in der Hangbeinphase abgestimmt werden – das gelingt nur mit einiger Übung.


Der Wechsel von schiebender oder stützender Hinterbeintätigkeit in jeder der vier Ecken bei jeder Runde ist ein hervorragendes Intervalltraining. Das Pferd wird aufmerksam gehalten und zur selbsttätigen Haltungs- und Balanceverbesserung angeregt. Sowohl die Beinmuskulatur wie die Rumpfmuskulatur wird ausgewogen gymnastisch gearbeitet.


Takt, Losgelassenheit und Hilfenverständnis werden verfeinert, und die Leichtigkeit der Bewegungen bei Pferd und Reitenden verbessert sich. Reiterin oder Reiter können sich auf den Geraden an langen und kurzen Seiten passiv lockern und ihre Haltung überprüfen und in den Ecken für einige Pferdelängen gefühlvoll ihr Pferd erfühlen und fein unterstützende Hilfen anbieten. Nach einigen Trainingseinheiten wird es für Pferd und Reiter zur Gewohnheit, die Ecken aktiv und bewusst im gefühlvollen Dialog miteinander zu durchreiten.


Zielsetzung der Ausbildung


Das übergeordnete Ziel besteht darin, dass das Pferd sein Gewicht zunehmend von der Vorhand auf die Hinterhand verlagert. Dies gelingt nicht durch schnelle Erfolge, sondern über viele kleine, sorgfältige Schritte, die Geduld und Konsequenz erfordern.

Diese Form der Arbeit eignet sich für alle Reiterinnen und Reiter – unabhängig davon, ob sie im Freizeit- oder Dressurbereich unterwegs sind. Sie stellt sicher, dass Pferd und Mensch gleichermaßen gymnastisch geschult werden und sich harmonisch entwickeln können.


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Die Idee der wechselnden „Bewegungsprofile“ verdeutlicht: Ein Pferd bewegt sich nie statisch, sondern in einem ständigen Rhythmus von Gewichtsverschiebungen. Als Reiter:in hast du bei jeder Ecke, jeder Volte und jedem Schritt die Chance, diese Balance bewusst zu spüren und positiv zu beeinflussen.


Versuche in den nächsten Reitstunden einmal, nicht nur „Runden“ zu reiten, sondern bewusst die Ecken zu nutzen – in jeder einzelnen hast du die Möglichkeit, die Balance deines Pferdes zu verbessern und dein Reitgefühl zu verfeinern.










© Text: Peter Kreinberg; Fotos: RK / The Gentle Touch GmbH

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